Mittwoch, 24. Juni 2020

Kerzen-Kompromisse


Nachhaltigkeit, Wiederverwendung, Up-Cycling, Fußabdruck, Recourcen schonen, usw. sind ja nicht erst seit gestern Themen, die uns alle beschäftigen.
Und eines dieser Themen dazu waren für mich immer wieder Kerzen - was wir nicht nur privat sondern auch im Laden an Kerzen verwenden, ist schon extrem. Mit der Zeit hatte ich mir angewöhnt, die abgebrannten Stummel in Gläsern zu sammeln. Was ja auch sehr dekorativ sein kann. Und vor allem im Laden verwenden wir viel die Kerzen im Glas vom gelben Möbelhaus - einfach, weil sie sich sicherer aufstellen lassen. Die Gläser dazu sammeln wir schon ewig und verwenden sie dann weiter mit einem Teelicht drin.
Also recherchierte ich im www zu dem Thema, wie man die Stummel wieder zu neuen Kerzen giessen kann, wie man überhaupt Kerzen selber machen kann.

 

 Dabei kam mir unter, dass verschiedene Seiten die Industriekerzen verteufeln, weil sie wohl aus Rohöl gewonnen werden. Darüber hatte ich mir noch nie Gedanken gemacht und es machte mich natürlich hellhörig. Genauso gab es Berichte, dass wohl einige Umweltverbände sich wünschen, dass Kerzen ganz verboten werden, weil sie (auch) Wärme abgeben, sie russen, verpesten die Luft, usw. Ok, der Ruß stört mich nicht wirklich - Wände kann man streichen.  
Weiter bin ich dann aber nicht ins Thema eingestiegen - das ging mir dann doch zu weit. Ich finde es schon einen beruhigenden Gedanken, auf Kerzen zurückgreifen zu können, wenn der Strom ausfällt. Garnicht so selten hier bei uns auf dem Dorf............... Und ein wenig Romantik am Abend ist auch ganz nett.............



Trotzdem war der Wunsch nach einer umweltfreundlicheren Alternative da und man stößt ziemlich schnell auf Naturwachse. z.B. Bienenwachs. Der wiederum hat eine gelbe Farbe - auch nicht der große Wurf, da er einen feinen Honiggeruch hat und mein Ziel waren eigentlich Duftkerzen. Da überlagert der Honigduft dann.
Dann plöppten die ersten Anbieter von alternativen Wachsen aus Soja, Hanf und co auf. Die Beschreibungen dazu waren vielversprechend und auch die Anleitungen dazu im Netz machten neugierig. Die Preise dagegen pro Kilo waren auch nicht ohne. Aber das hab ich einfach mal ignoriert - DAS wollte ich ausprobieren.



Ich suchte einen Anbieter, wo ich vor Ort kaufen konnte, dann hätte ich sogar den Postweg umgehen können - keine Chance. Also wurde bestellt und auch ziemlich schnell geliefert. 
Also den Wachs in einen Topf gegeben und ab in den Ofen bei 55° und dann heißt es viiiiiiiiiiiiiel GEDULD - das Wachs schmilzt unglaublich langsam - es hat STUNDEN gedauert - das war meine erste Entäuschung. Da will man Alternativen suchen - und gleicht im Zweifel einen Schaden gegen den anderen aus: Entsprechender Stromverbrauch...............

 

Nunja, dann braucht man ja noch die Dochte dazu - auch das gab es als "Starterkit" im Netz - sogar mit EINEM entsprechenden Dochthalter dabei. DAS hatte ich bei einem Anbieter tasächlich in Berlin gefunden. Ich war beruhigt - erstmal................... ich hatte ja nun viel Zeit während des Wartens und hab mir die Beschreibung vom Starterkit genauer im Kleingedruckten durchgelesen - es kam auch CHINA ............ - Groß drauf: verpackt in Deutschland.............. DAS ist ein Thema, das wir hier schon länger haben: Wir versuchen nach Möglichkeit, Produkte zu kaufen, die eben keine weiten Reisen aus aller Herren Länder hinter sich haben. Aber das scheint fast nicht mehr zu umgehen zu sein.
Na prima................



Ich hab also irgendwann Erfolg gehabt, das Wachs war irgendwann flüssig und die ersten Gießversuche konnten beginnen.
Ich wollte unseren eigenen Lavendel mit verarbeiten - als "Duftbeigabe".......... also hab ich mich an die Anleitungen gehalten. Lavendel ins Glas und die erste Schicht Wachs dazu - angeblich sollte das Wachs ÜBER dem beigegebenen Inhalt sein und aushärten. Der Duft sollte sich dann durch die Wärme auf das Wachs verteilen - es war aber genau UMGEKEHRT. Da half auch umrühren nicht viel. Der Lavendel schwamm am Ende oben. Ich setzte also noch eine feine Schicht Wachs als Versiegelung oben auf, denn ich wollte ja, dass es sich erst verflüssigt, bevor die Flamme an den Lavendel kommt. 



Ich hatte aber auch noch reines LAVENDELÖL in Bioqualität da. Also entstanden auch einige Kerzen NUR mit dem Lavendelöl - so könnte ich vergleichen.
Am Abend dann kam der große Moment:
Ich hatte alte französische Marmeladengläser in verschiedenen Formen verwendet - die halten was aus und waren schon vorhanden.



In der Anleitung hieß es:
die Kerze bildet oben auf eine flüssige Schicht - sie muss gleichmäßig abbrennen. Eigentlich logisch - ist ja bei Industriekerzen(wachs) auch nicht anders. UND, das Licht wäre anders. Kälter............. Nichts von all dem ist passiert. .................
Es bildete sich KEINE Schicht - im Gegenteil: in die oberste Schicht brannte ein "Loch" und der Lavendel kokelte an,

 


die Kerzen blakten und es bildete sich auch keine flüssige Schicht.



Und dann kam der Held mit seinen Argumenten "um die Ecke", an die ICH noch garnicht gedacht hatte:
Hast Du mal drüber nachgedacht, wo das Sojawachs herkommt? Wieviel Energie verbraucht wird, um es herzustellen? Welche Wege es zurückgelegt hat, das Wachs? Welche  Pflanzen und Tiere dafür auf den Monokulturflächen weichen mussten?
Das saß....................... ich schaute mir also die Verpackung nochmals an: ABGEFÜLLT (die Verpackungseinheit) in Deutschland .............. DAS war es und ein Stempel ECO der mich total in die Irre geführt hatte. Kein Hinweis, wo das Wachs wie hergestellt worden war.
Was war ich naiv gewesen..............
Ich denke inzwischen: drüber nachdenken, wo etwas herkommt, wie etwas produziert wird, ist absolut RICHTIG und WICHTIG !
Aber einen "Tot" wird man immer sterben müssen - man kriegt es nicht hin, ALLES "richtig" zu machen. Man muss Kompromisse eingehen und die Kompromisse finden, mit denen man dann "leben" kann.



Dann hab ich die Variante mit den Kerzenresten ausprobiert. Auch sie kamen in den Topf und in den Ofen.
hier konnte ich wenigstens etwas weiterverwenden - es war nciht als Rest imMüll gelandet!
Sie schmolzen etwas schneller, die Dochtreste und kleine Verunreinigungen sanken zu Boden, sodaß ich das klare Wachs verwenden konnte.



Was ganz interessant ist: der Sojawachs blieb in seiner sahneweissen Farbe, die ich sehr schön finde - das "künstliche" Wachs nahm die Farbe vom Lavendel an.
Und auch beim künstlichen Wachs setzte sich der Lavendel oben ab. Es kam also auch hier noch ein dünner Film pures Wachs später oben auf.



Und, um "echte" Windlichter bei den aufgehobenen Gläsern zu bekommen, kamen dann die alten französischen Rechnungen und Belege zum Einsatz.



Man braucht nicht viel:

alte Belege, Zeitung, etc. die bei Licht durchscheinend sind



Eine Schale mit Wasser
etwas Tapetenkleister
einen Pinsel, um den Kleister aufzutragen - das war es...............



Man bestreicht das Papier mit Tapetenkleber und klebt das Papier dann auf das Glas,wie es einem gefällt. Etwas lässiger wirkt es, wenn die Kante oben nicht zu sauber gerissen/geschnitten ist und das Papier etwas über den Rand steht.




Je ordentlicher man das Papier auf dem Glas glatt streicht, desto glatter ist nachher das Ergebnis. Aber auch leicht faltig wirkt das Ergebnis am Ende toll! 
Das ist reine Geschmackssache.



Und ja, die Kerzen bilden erst eine flüssige Schicht beim brennen und geben dann einen ganz feinen (Lavendel)Duft ab - das funktioniert garantiert auch mit Citrus- oder Eukalytus-Öl. DAS hab ich aber noch nicht ausprobiert.
Hier brennt übrigens links die Kerze aus Sojawachs und rechts aus "normalem" Kerzenwachs - ich konnte keinen gravierenden Unterschied in der Flammenfarbe erkennen.



Für die "rustikale" Variante hab ich dann Kerzen in alten Tontöpfen versucht.
Das Metallende vom Docht wird auf doppelseitiges Klebeband geklebt und unten auf das Loch gesetzt - dann läuft nichts aus.



Danach einfach das flüssige Wachs einfüllen und warten, dass es abkühlt. Den Docht hab ich mittig mit einem Schaschlik-Spieß fixiert, damit der Docht mittig bleibt. Es würden auch dünne Zweige funktionieren.



Nun wartet man nur noch, bis das Wachs erkaltet - fertig.
Warten gehört zum Kerzen giessen einfach dazu.



Hier der Vergleich zwischen "elegant" mit Papier - allerdings mit einem Teelicht innen ....................





Leider sieht man auf dem Bild nicht, wie hübsch die Flamme durchscheint durch das Papier, da es noch zu hell war.



Und "rustikal".



Für 4 kleine Töpfe braucht man etwa 1 Liter klassischen Kerzenwachs.



Ja, das waren meine "Versuche", selbst Kerzen herzustellen / zu giessen. Es gibt bestimmt noch zig weitere Varianten und ich hab jetzt nicht den Anspruch, das Thema von sämtlichen Seiten "professionell" beleuchtet zu haben. Es waren bzw. sind meine eigenen Erfahrungen.



Habt alle einen wunderbaren Tag und vielleicht auch nachmachen. Mit Sicherheit eine schöne Beschäftigung bei schlechtem Wetter.
Paßt weiterhin gut auf Euch auf - Eure Jacqueline

 

9 Kommentare:

  1. deine Fotos sind immer wieder wunderschön! und ja, das mit dem nachhaltig leben ist nicht einfach. man muss ganz genau gucken, denn soooo viel kommt aus China und/oder wird unter naturunfreundlichen Bedingungen hergestellt .... aber keine Kerzen mehr anzünden ist auch keine Lösung!
    PS: ich denke auch immer - ach menno, schon wieder ein ganzes Ende Kerze übrig und viel zu schade zum wegwerfen. ich stell mir nun ein gropßes Weckglas hin zum sammeln und dann gieße ich mir auch meine eigenen Kerzen.
    PPS: es sieht bestimmt auch toll aus, wenn man in durchsichtigen Gläsern ein paar Lavendelzweige am Rand mit einschließt (es sei denn, die brennen dann)
    liebe Grüße
    Manu

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    1. Ja, Lavendelzweige an den Seiten müßte eigentlich funktionieren - am auf dem Kopf mit einfügen. allerdings müßten sie getrocknet sein - feutcht / ungetrocknet würden sie vermutlich anfangen zu faulen. Könnte ich mir auch mit MelisseBlättern vorstellen - es gibt ja so viel, was herrlich durftet.

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  2. Hallo Jacqueline,
    deine Kerzen sehen toll aus!

    Wusstest du übrigens, dass es an die Tausend verschiedene Dochtarten gibt? Neben dem Material (meistens reine Baumwolle, die chemisch behandelt wird) spielen u.a. der Durchmesser, die Flechtart und -dichte eine ganz erhebliche Rolle bei der Kerzenherstellung.
    Dochte werden bei guten Qualitätskerzen normalerweise immer auf das Wachs (das heutzutage immer seltener mit Paraffin hergestellt wird) in vielen Tests abgestimmt.

    In meinem Wohnort befindet sich Europas Marktführer in der Dochtherstellung, wo ich fast zwei Jahre lang umgeschult habe.
    Nahezu alle bekannten Qualitätskerzen, aber auch die berühmten Teelichte vom Schweden, werden mit Dochten aus Nettetal hergestellt.

    Aber auch die Form einer Kerze trägt viel dazu bei, wie gleichmäßig eine Kerze abbrennt.

    Starkes Rußen ungleichmäßiges Abbrennen und eine zu kleine Flamme sind immer ein Zeichen schlechter Qualität.

    Warum ich das schreibe?

    Vielleicht möchtest du mehr Kerzen herstellen. Dann lohnt sich die Suche nach dem richtigen Docht ��.

    Liebe Grüße


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    1. DAS klingt ja spannend - nein, das wußte ich wirklich nicht. Die Kerzen vom Schweden sind wirklcih nicht schlecht. Das wolte ich mit meinem Bericht auch nicht signalisieren. Eins der wenigen Dinge, die ich dort kaufe. Aber Markennennung kann schnell zu Ärger führen.
      aber ich möchte wirklcih häufiger die Kerzen jetzt selbstgiessen. Nicht professionell - aber zumindest mal für den Eigenbedarf aus Resten oder auch mal für den Tierschutz vielleicht.
      Also, ich bleibe dran!

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  3. Tja, so ist es, Jacqui: Wenn man auf Nachhaltigkeit achtet, dann findet man Stolpersteine ohne Ende! 😉 Aber dranbleiben lohnt sich, denn es gibt für alles eine Lösung.
    Persönlich liebe ich ja Kerzenschein. Allerdings hab ich mir schon vor längerem die selben Gedanken dazu gemacht wie du. Handelsübliche Kerzen sind vom ökologischen Gesichtspunkt her wirklich sehr bedenklich. Aber ich habe für dieses Problem 2 Lösungen gefunden: Erstens kaufe ich mir nur noch Bio-Bienenwachs-Christbaumkerzen, die zumindest in Europa, noch besser in der CH hergestellt wurden, und davon gibts jeden Abend nur eine. Davon bleibt so minimal wenig übrig, dass sich nicht mal das Sammeln lohnt! Die Kerzchen stecke ich in einen wunderschönen, handgemachten kleinen Ständer, den ich bei Manufactum gefunden habe.
    Zweitens giesse ich aus etwaigen anfallenden Kerzenresten (man bekommt ja auch dann und wann mal eine geschenkt, nichtwahr?) auch selber Kerzen in alte Gläser. Einfacher als im Backofen geht es, wenn du die Reste (nicht zuviel auf einmal!) in eine alte Konservendose gibst, die dann wiederum in einer Pfanne mit simmerndem Wasser steht, bis das Wachs geschmolzen ist (das geht ziemlich zackig). Die Büchse zuerst auf ein Frotteetuch stellen, damit das Wasser aufgesogen wird (denn Wasser sorgt für Blasen in der Kerze), dann das flüssige Wachs ins Glas giessen. Das kann man gut in mehreren Schritten tun. Die heisse Büchse kann man mit einer Kneifzange oder mit 2 hölzernen Wäscheklammern anpacken, ohne sich die Pfötchen zu verbrennen. Übrigens macht es Sinn, gerade in Gläser wie deine grossen Marmeladengläser 2 bis 3 Dochte zu platzieren, weil die Kerze sonst einfach nur in der Mitte runterbrennt und so wieder jede Menge Wachs übrigbleibt....
    Ich wünsch dir gemütliche Sommerabende mit heimeligem Kerzenschein!
    Herzliche Grüsse!

    PS: der Metalldackel ist soooo schön! 😍

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    1. Na,Du bist ja ohnehin eine der "Vorreiterinnen", wenn es um Nachhaltigkeit geht - so gerne lese ich bei Dir darüber - genau wie bei Mea. Ihr beide hat mit mich angesteckt.
      Ich wollte ja größere Mengen machen. Ich kenne das mit Wasserbad, wenn ich meinen Bienenwachs für die Wachstücher erhitze. Und beim industriellen Wachs ging es wirkcih erheblich schneller als bei dem Soja-Wachs. Das war kein Vergleich.
      Und zu gerne hätte ich den Bieenwachs verwendet - aberdann klappt es ebenmit dem Duft nicht. Und Gelb, sorry, aber damit kann ich einfach nicht. Aber ich werde dran bleiben!

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  4. Hallo,
    die Arbeit mit Wachs und Kerzen kann süchtig machen ;-) macht aber Spass , auch das Wachs in Formen zu giessen und als Anhänger bemalen usw.
    Es gibt auch weisse Bienenwachskerzen ohne Gelb.
    https://www.honig-vom-bodensee.de/bienenwachskerzen-weiss/
    den Duft vom Bienenwachs finde ich besonders schön.
    Ich wünsche Dir weiterhin viel Freude und Kreativität beim Kerzen herstellen.
    Gruss Cornelia

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  5. Oh Jacqui, erst jetzt bin ich fertig geworden, diesen Post zu lesen, zu erfassen und zu bewundern. Himmel... Großartig - und SO DU. Dein Leben feierst Du regelrecht - ja, ich weiß, so viel Arbeit und auch Misserfolg steckt oft da drin, doch dann ist alles so besonders und einmalig. Vor kurzem erzählte ich einer Bekannten von Deinem Blog, sie stutzte, und meinte dann... "Aahhh, doch, das sagt mir was..., doch, kenne ich", und dann ging ein Strahlen über ihr Gesicht.
    Wie bei mir auch.
    Jacqui, ich schicke Dir ganz ganz liebe Drücker, vielen Dank für diesen wundervollen Post, der mit Deinen Schätzen so unglaublich wirkt wie kein Interiorbuch oder - Magazin, vielleicht auch, weil es echtes Leben abbildet. Deine Méa

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  6. Oh - interessant, lehrreich und doch auch beglückend.
    Die Eva aus Österreich

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